Bewertung: 5 / 5

(252)
 
Der neue VW e-Crafter, Volkswagens erster E-Transporter.
Volkswagen

Der neue VW e-Crafter, Volkswagens erster E-Transporter.

Ab September ist das Nutzfahrzeug-Portfolio von Volkswagen um eine elektromobile Lösung reicher. Bei dem neuen VW e-Crafter, der rein elektrischen Version des VW Crafters, handelt es sich um den ersten Elektrotransporter der Marke VW, der laut Volkswagen den Start einer Elektromobilitätsoffensive im Nutzfahrzeugsegment markieren soll.

Wie sich der vollelektrische Transporter mit 100 kW Leistung und einer Zuladung von bis zu 1,72 Tonnen auf der Straße macht, davon konnten wir uns kürzlich selbst ein Bild machen. Im Rahmen eines Volkswagen-Probefahrtevents standen 10 e-Crafter am Hamburger Oberhafen bereit, um von der Fachpresse auf Herz und Nieren getestet zu werden.

VW e-Crafter Elektrotransporter
Zwei der zehn e-Crafter, die in Hamburg für Probefahrten zur Verfügung standen. Bild: emobilitaet.online

Elektrotransporter für die letzte Meile

Bevor wir den Schlüssel in die Hand gedrückt bekamen, wurden wir noch mit einigen interessanten Hintergrundinformationen versorgt. Der VW e-Crafter hat die gleichen Maße wie das Dieselmodell, das Chassis des Hochdach-Kastenwagens läuft im Crafter-Werk im polnischen Września vom Band. Die Endmontage der e-Komponenten hingegen erfolgt im Stammwerk der Marke Volkswagen Nutzfahrzeuge in Hannover. Da der e-Crafter zusammen mit den anderen Modellen der neuen Generation entwickelt wurde, konnte die Architektur des Transporters auf die Integration eines elektrischen Antriebsstrangs optimiert werden, so Volkswagen.

e-Crafter Elektromotor
Ein Blick in den Motorraum. Bild: Volkswagen

Zu Beginn der Entwicklung stand eine detaillierte Analyse, die VW-Ingenieure mit Flottenbetreibern und Unternehmen durchführten, um Fahrprofile zu rekonstruieren. Insgesamt wurden laut Volkswagen 210.000 Fahrprofile von 1.500 Kunden ausgewertet. Dabei wurde festgestellt, dass die Anforderungen von 47 % der untersuchten Unternehmen gut zur Elektromobilität passen – also gut die Hälfte der Fuhrparks können elektrifiziert werden, ohne Einschränkungen im Alltagsbetrieb nach sich zu ziehen.

Als ideale Zielgruppe wurde der urbane Lieferverkehr auf der sogenannten letzte Meile identifiziert. Dort legt die überwiegende Zahl der Fahrer täglich zwischen 70 und 100 Kilometer zurück. Für diesen Aktionsradius wurde der VW e-Crafter konzipiert. Mit seiner 35,8 kWh Batterie, die sich unter dem Fahrerhaus befindet und die, wie der übrige Antriebsstrang auch, komplett aus dem VW e-Golf übernommen wurde, soll der Elektrotransporter bis zu 173 Kilometer ohne Ladestopp zurücklegen können (allerdings nach dem alten Testverfahren NEFZ, nach dem neuen, ab September gültigen WLTP-Testzyklus dürften es rund 20 Prozent weniger sein). Im Rahmen von ausführlichen Praxistests sollen selbst unter "härtesten Bedingungen" durchschnittlich 100 Kilometer Reichweite erreicht worden sein, so Volkswagen.

e-Crafter Reichweite
Die Reichweite des e-Crafters wird stets angezeigt. Bild: emobilitaet.online

Zugunsten der Reichweite wurde die Höchstgeschwindigkeit des e-Crafters bei 90 km/h gedeckelt, was im urbanen Lieferverkehr und auf kurzen Autobahnstrecken aber mehr als ausreichend sein dürfte. Im Rahmen der üblichen Crafterversicherung ist die Batterie für ca. 160.000 Kilometer bzw. 7-8 Jahre versichert.

Schnellladetechnologie serienmäßig an Bord

Ein Plus des e-Crafters ist die serienmäßig verbaute Schnellladetechnologie: während dies bei einigen Konkurrenten zur aufpreispflichtigen Zusatzausstattung gehört, ist der CCS-Anschluss beim VW e-Crafter immer an Bord und ermöglicht mit 40 kW Gleichstrom, die Batterie in 45 Minuten wieder auf 80 Prozent Kapazität zu bringen. An einer AC-Wallbox mit 7,2 kW (Wechselstrom) soll der Akku knapp 5,5 Stunden benötigen, um zu 100 Prozent geladen zu werden.

Stromtankstelle
Bild: Volkswagen

Bevor es hinter das Steuer geht, ein kurzer Blick in den Laderaum, dessen Ladefläche durch den E-Antrieb keinerlei Einschränkungen erfahren hat. Vier Europaletten finden hier Platz, was den meisten Anforderungen des städtischen Lieferverkehrs genügen müsste.

VW e-Crafter Laderaum
Bild: emobilitaet.online

Dann hieß es Schlüssel umdrehen und los. Bevor sich die Reifen in Bewegung setzten, noch ein kurzer Blick auf die Batteriestandsanzeige: 100 Prozent. Wer schon einmal ein Elektroauto gefahren ist, weiß: Elektromobilität ist nicht nur sinnvoll, sie macht auch Spaß! Der leise Antrieb des e-Crafters erweist sich als sehr durchzugsstark. Insbesondere bei Spurwechseln spielt der sprintstarke e-Crafter im dichten Stadtverkehr seine Vorteile aus. Auch ansonsten fährt sich der E-Transporter außerordentlich gut und komfortabel. Ein Unterschied zum Verbrenner ist, dass man bei Bremsvorgängen ein leichtes Summen hört, was auf die hydraulische Pumpe der Bremsen zurückzuführen ist. Das ist aber auch fast das Einzige, was man vom e-Crafter hört und überdies nicht weiter störend ist. Nur beim Rangieren und Parken meldet sich der E-Transporter wieder: 16 rund um den e-Crafter verteilte Ultraschallsensoren sollen im Zusammenspiel mit einer Kamera vorne und einer Rückfahrkamera verhindern, dass der Lieferwagen ein ähnlich zerbeultes Schicksal ereilt wie viele andere Vertreter seiner Sparte.

Sparsam und leise durch den Stadtverkehr

VW e-Crafter Fahrerkabine
Bild: emobilitaet.online

Im Innenraum sowie von den Ausstattungsmerkmalen unterscheidet sich der e-Crafter kaum von der Diesel-Version. Den Fahrer erwartet eine moderne Ausstattung, die wenig Emotionen wecken dürfte, dafür aber sehr funktional ist. Auf unserer 1,5 stündigen Tour durch Hamburg und das Hafengebiet legten wir nur 30 Kilometer zurück – schneller kommt man in der Hansestadt aufgrund der zahlreichen Staus, Ampeln und Baustellen nicht voran. Hier bewegte sich der e-Crafter jedoch wie ein Fisch im Wasser. Auch einen kleinen Autobahnabschnitt haben wir befahren, aufgrund der limitierten Höchstgeschwindigkeit auf der rechten Fahrspur, versteht sich. Nach unserer Tour zeigte die Batteriestandsanzeige noch mehr als 80 Prozent an, was ein gutes Gefühl vermittelte – Reichweitenangst muss man mit diesem Fahrzeug nicht haben, vor allem nicht, wenn man um die mittlerweile zahlreichen Ladestationen im gesamten Stadtgebiet weiß.

VW e-Crafter
Bild: Volkswagen

Während Käufer oft viele Monate auf ihr neues Elektroauto warten müssen, verspricht VW für den e-Crafter die gleiche Wartezeit wie für das Dieselmodell, die aktuell 8-10 Wochen beträgt. Produziert wird der e-Crafter bereits, der offizielle Verkaufsstart wurde auf der IAA Nutzfahrzeuge 2018 im September eingeläutet. Wer sich für einen e-Crafter entscheidet, muss mindestens 69.500 Euro netto auf den Tisch legen. Die vergleichbare Hochdach-Diesel-Version des VW Transporters beginnt bei etwa 42.000 Euro, die E-Version ist also fast 28.000 Euro bzw. rund 60 Prozent teurer als die konventionelle. Zum Vergleich: der Renault Master Z.E. ist ab 59.990 Euro erhältlich, allerdings ist der Elektrotransporter aus dem Hause Renault schwächer motorisiert und verträgt weniger Zuladung. Insofern dürfte der VW e-Crafter durchaus konkurrenzfähig sein.

Hinweis: Die Probefahrt wurde auf Einladung von Volkswagen Nutzfahrzeuge absolviert. Die Reisekosten wurden von VW übernommen.