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Der Bikesharer Donkey Republic betreibt in Deutschland große Sharingflotten in Berlin und München.
Donkey Republic

Der Bikesharer Donkey Republic betreibt in Deutschland große Sharingflotten in Berlin und München.

Interview mit Craig Cheetham, "Shepherd" bei Donkey Republic

Sharing is caring, sagt man. Damit der Sharingbetrieb rund läuft, braucht es jedoch viele Helfer. Über die Arbeitsbedingungen und den Arbeitsalltag von Menschen, die für die großen Sharinganbieter E-Tretroller oder Fahrräder einsammeln, laden oder verteilen, wurde und wird viel diskutiert. Aber wie sieht der Alltag aus der Perspektive der Menschen aus, die diese Arbeit tun? Wir hatten die Gelegenheit, mit einem "Shepherd" von Donkey Republic zu sprechen - so werden die Mitarbeiter des nachhaltig orientierten Bikesharing-Anbieters genannt, die sich um die Sharingbikes kümmern. Im Gegensatz zu manchen anderen Anbietern, sind diese bei Donkey Republic fest angestellt.

eMobilität.Online: Warum hast Du Dich bei Donkey beworben?

Craig Cheetham: Meine Freundin hat mir die Stellenbeschreibung geschickt. Es war sofort klar, dass dieser Job perfekt zu mir passt: Begeisterung für Fahrräder und eine umfassende Ortskenntnis meiner Stadt. Und ich hatte auch den Wunsch, Teil von etwas Größerem zu sein, das das Ziel hat, unsere Städte für alle zu verbessern und die Straßen ordentlicher, sicherer und nachhaltiger zu gestalten. Fahrradfahren hat mein Leben verschönert. Donkey hat mir die Möglichkeiten geboten, anderen diese Begeisterung näherzubringen.

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Craig Cheetham. Bild: privat

Wie sieht der normale Arbeitsalltag eines Donkey Shepherds aus?

Der erste Schritt morgens ist, dass wir uns einen Überblick über die Flotte verschaffen: welche Fahrräder haben einen Platten oder vielleicht fehlen Teile usw. Um ca. 8:30 Uhr fangen wir an und suchen am Tag durchschnittlich 15-20 Fahrräder auf. Egal ob Regen oder Sonnenschein, wir sind unterwegs und machen die Flotte wieder fit.

Die meisten Räder werden auf der Straße repariert. Ist das manchmal schwierig?

Ab und zu kann es eine Herausforderung sein, aber meistens sind die Räder einfach und schnell zu reparieren. Das stellt auch sicher, dass die Fahrräder so schnell wie möglich wieder mietbar sind. Wenn es ein wirklich kompliziertes Problem gibt, ist das im System vermerkt und die entsprechenden Räder werden mit einem Transporter abgeholt und dann in der Werkstatt komplett durchgecheckt.

Was sind die häufigsten Reparaturen?

Auf jeden Fall Platten – ich kann mittlerweile sehr schnell einen Schlauch flicken... (lacht) Außerdem müssen die Lichter öfter überprüft werden oder Kleinigkeiten wie Lenker- oder Satteleinstellungen. Größere Reparaturen kommen relativ selten vor, da wir robuste Fahrräder im Einsatz haben.

Wie sind die Reaktionen der Leute auf der Straße auf die Sharingbikes und Deine Arbeit?

Vor allem Neugier – manchmal starren mich die Leute wirklich an! Ich glaube, sie erwarten es einfach nicht, dass Leihfahrräder außerhalb einer Werkstatt repariert werden. Öfters wenden sich auch Passanten sich an mich und fragen, wie die Anmietung per App funktioniert, ob ich den Job toll finde oder anderes Geplauder. Meistens sind die Leute freundlich und höflich.

Gehen die Nutzer sorgsam mit den Sharingbikes um?

Fast alle, ja. Es kommt wirklich selten vor, dass Kunden die Fahrräder beschädigen. Ein größeres Problem ist Vandalismus.

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Bild: Donkey Republic

Sind E-Bikes aufwändiger im Arbeitsalltag als die normalen Fahrräder?

Auf jeden Fall. Elektrofahrräder sind komplexer und müssen allein wegen leeren Batterien häufiger aufgesucht werden. E-Bikes sind anspruchsvoller als normale Fahrräder.

Wie werden die E-Bike-Akkus ausgetauscht und geladen?

Wie bei den normalen Fahrrädern müssen die Shepherds auch für die E-Bikes eine Liste erstellen, um effizient zu arbeiten und so viele E-Bikes wie möglich zu besuchen. Am Anfang des Tages lädt ein Shepherd ein Lastenrad mit aufgeladenen Akkus. Wir haben einen zentralen Akkuschrank, wo die Akkus gelagert und geladen werden. Im Durchschnitt besuchen wir 25-30 E-Bikes am Tag. Die leeren Akkus werden dabei eingesammelt und dann im Schrank wieder aufgeladen und für den nächsten Tag vorbereitet. Mittlerweile wurden die E-Bikes aber wieder aus der Berliner Flotte entfernt, da sie an anderen Standorten mehr gebraucht wurden.

Wie würdest Du die Arbeitsbedingungen im Allgemeinen bezeichnen?

Toll! Der Lohn ist angemessen, finde ich, und wir können die Arbeitsstunden flexibel gestalten. Die Aufgaben sind ein guter Mix aus herausfordernd und ansprechend. Ich habe viel über Fahrradreparaturen gelernt.

Gibt es einen Austausch zwischen den Shepherds?

Die Atmosphäre unter uns ist sehr gut, meine Kollegen sind freundlich, kompetent und generell Leute, mit denen ich gerne zusammenarbeite. Obwohl wir uns seltener als in einem "normalen" Job sehen, weil wir ja immer draußen unterwegs sind, sind wir alle über einen Messenger Dienst miteinander verbunden und können uns über Fragen und Probleme schnell austauschen oder wichtige oder interessante Dinge melden. Einmal in der Woche haben wir ein gemeinsames Treffen, sodass wir die anderen sehen können und vor Ort alle wichtigen Sachen diskutieren sowie die kommende Woche gemeinsam planen können. Zwei Mal im Jahr gibt es außerdem ein großes Shepherd Summit, wo Shepherds von allen Donkey Republic Standorten zusammenkommen, um sich auszutauschen und eine gute Zeit miteinander zu verbringen. Der letzte war im Dezember in Barcelona.

Irgendwelche letzten Worte?

Ich finde es toll, wie viele Leute sich auf der Straße an mich wenden. Öfter fragen sie gar nichts über die Räder: manchmal sind sie Touristen, oder auch Einwohner, die sich verirrt haben und brauchen eine Wegbeschreibung, die ich gerne gebe, wenn ich mich da auskenne....aber womöglich habe ich schonmal jemanden aus Versehen in die falsche Richtung geschickt... (lacht) Aber oft gibt es Leute, die aus Einsamkeit einfach mit jemandem sprechen wollen. Ich hatte bisher einige unerwartete und manchmal auch bizarre Gespräche, bei denen mir Leute ihre ganze Lebensgeschichte erzählt haben. Solche Begegnungen sind nie langweilig!

Craig, vielen Dank für das Interview!